Samstag, 19. Juli 2014

Wie man Anleitungen schreibt . . .

Warum ich davon erzählen will? Weil ich gerade an einem Modell arbeite, für das ich einmal keine ausführliche Fotoanleitung ausarbeiten kann. Ich würde gern, aber das Teil ist so groß, daß ich es unmöglich in einem Stück fotografieren kann. Ich habe nun einmal kein großes, helles Atelier, sondern arbeite auf einem kleinen Tisch vor dem Fenster, damit ich Tageslicht habe. Deshalb kann ich es auch nicht auf den Boden legen und von einer Leiter aus fotografieren.

Beim Überlegen, wie ich das Problem lösen könnte, sinnierte ich über das Anleitungen schreiben. Als ich vor drei Jahren damit anfing, habe ich mich selbst zur Lehrerin gemacht :-) In natura wäre das unmöglich, ich kenne meine Schwäche: Die Ungeduld. Doch mit einem E-Book ist es zum Glück anders, da muß alles verständlich beschrieben sein, dann ist es gelungen. Eigentlich sollte es mir leicht fallen, aber das ist es nicht - jedenfalls nicht immer.  Ich habe zwar genug Wissen ( obwohl ich Autodidaktin bin) und auch Erfahrung, aber genau das steht mir ab und zu im Weg: Ich habe manchmal Mühe damit, mich wieder in einen Anfänger hinein zu versetzen.

Zwar schreibe ich keine Anleitungen für absolute Nähanfänger, aber auch als Anfänger mit Grundkenntnissen ist man oft unsicher oder kennt Vieles nicht, weil man es schlicht noch nie gemacht hat. Ich habe zum Beispiel in einem meiner ersten E-Books nicht erwähnt, das die Stoffteile mit den Außenseiten aufeinander gelegt werden müssen, bevor man sie steckt und zusammen näht. Auf dem Foto war es natürlich zu sehen, und für mich ist es selbstverständlich, da die Naht ja innen liegt. Bis nach etlichen Verkäufen ein Anfänger-Kundin danach fragte. Blöd so etwas, ich hätte daran denken müssen!

Oder es gibt Nähschritte, bei denen ich weiß, wie es gemacht wird, aber ich kann mich nicht mehr daran erinnern, wie ich es damals gelernt - oder mir selbst beigebracht habe. Klingt komisch, aber so etwas zu erklären, ist manchmal ziemlich kompliziert, obwohl die Sache selbst recht simpel ist. Deshalb mache ich sehr viele Detailfotos während ich nähe, oft sind es 50 bis 70. Von den Schritten, die kompliziert zu erklären sein könnten, "schieße" ich richtige Reihen. Es folgt die Auswahl und Bearbeitung. Dann stelle ich die Reihen zusammen und schreibe, vereinfache den Text immer mehr, lasse auch Fotos weg, bis schließlich die Essenz übrig bleibt.  

Heute morgen saß ich nun ich an dem Problem mit meinem neuen Model. Ich überlegte hin und her, wie ich es machen soll. Ob ich das tolle Teil nur für mich nähe, oder ob es doch eine Lösung gibt. Es gibt sie :-) Ich arbeite dieses Mal mit Zeichnungen und Fotos, die nur die wichtigen Details zeigen. Es wird also eine, für meine Verhältnisse, sehr kurze Anleitung. Eine neue Erfahrung! Aber das Teil ist auch simpel zu nähen. Aufwendig war es nur, den Schnitt zu erstellen. Und für die Näher ist es etwas langwierig, das Schnittmuster aus 22 Teilen zusammen zu kleben. Ich verspreche: Die Mühe lohnt sich :-)  Wenn das geschafft ist, dauert das Nähen höchstens eine Stunde.  Aber was es wird, verrate ich noch nicht, nur so viel: Räumt einen Platz im Kleiderschrank frei, am besten gleich für 3 oder vier Teile . . .

Das liebe ich übrigens:
Ideen, die eigentlich einfach sind, aber raffiniert aussehen.
Oder Ideen, bei denen man beim bloßen hinsehen nicht versteht, wie die Form entstanden ist.
Eine weitere Herausfornderung: Eine Idee, die von der Form her aufwenig und auch kompliziert ist, doch der Schnitt ist dann so konstruiert, daß es sich recht einfach nähen läßt. Nach dem Mooto: gewuß wie ;-) Dazu gehört zum Beispiel eines meiner liebsten Modelle: Ballerinas Freia

Dann kommt der Schnitt: Man muß das Hirn anstrengen, kleine Papiermodelle machen und rechnen. Und als Belohnung ist das eigentliche Modell dann einfach und schnell zu nähen.

Wenn diese neue Anleitung fertig ist, habe ich noch ein Modell (dieses Mal eine wirklich stylische Bluse) bei dem der Schnitt schon konstruiert ist, aber ich bin noch nicht dahintergekommen, wie man sie auch nähen kann. Denn das ist eine weitere Schwierigkeit: Manchmal dauert es länger, so etwas herauszufinden, als ein Teil zu konstruieren und zu gradieren . . .

4 Kommentare:

Perlensusa hat gesagt…

Also erstens hab ich mal nach deiner Anleitung Schuhe genäht und hatte damit keine Probleme!!

Und zweitens hat hoffentlich jeder der diesen Post gelesen hat verstanden, was für ein Arbeitsaufwand eine Anleitung ist, denn ich höre immer wieder mal, wie "teuer diese Anleitungen sind, die soll sie doch gratis einstellen".
Man hat mich mal gefragt, ob ich eine Anleitung schreiben würde, aber mir ist das zu zeitaufwändig.

Bin schon gespannt, was du dir wieder ausgedacht hast! :-)
lg susa

Huhn.No1 hat gesagt…

Danke dir :-), und es freut mich natürlich, daß Du so gut zurecht gekommen bist

Das Problem mit den kostenlosen Anleitungen kenn leider viele Designer. Ich bin bei einer Plattform mit einem Shop, auf der die kostenlosen Anleitungen viel zu sehr beworben werden. Dadurch kommt es leider immer wieder zu unfreundlichen Kommentaren von Kunden, die uns sogar schon beschimpft haben, weil die Anleitungen etwas kosten. Ich frage dann immer, ob sie umsonst arbeiten . . .

Ja, es ist eine schöne Arbeit, aber von Luft und guten Worten allein kann man seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten . . .

Aber es gibt ja zum Glück die vielen Kunden, die unsere Arbeit zu schätzen wissen :-)

liebe Grüße, Johanna

Jolanda hat gesagt…

Hallo Sigrid

Ich bin über Crazy Patterns auf Deinen tollen Blog gestossen. Deine Beiträge in Deinem Blog und auf CP sprechen mir aus dem Herzen und spiegeln vieles von meine Erfahrungen wieder :-)

Freue mich wieder von Dir zu lesen :-)

Liebe Grüsse
Jolanda

Huhn.No1 hat gesagt…

Hallo Jolanda (toller Name :-) )

Es freut mich sehr, daß Dir mein Blog und die Beiträge gefallen :-)

Ich freu mich auf ein "wiedersehen"

liebe Grüße vom HuhnNo1 ;-)